Jan 022015

Pirgo

Das Betonwerk

17.1

 

 

 

 

 

 

Das Betonwerk im Jahre 1950

Am 1. Oktober 1903 gründeten Theodor Rohjans und Otto Rosemeyer, Löningen in Lorup die Firma Rosemeyer & Rohjans. An der Werlter Straße entstand ein kleines Fabrikationsgebäude für die Herstellung von Betondachziegeln und anderen Betonwaren.
Otto Rosemeyer war der Inhaber der Firma Gebr. Rosemeyer, Landhandel und Betonwarenfabrik in Löningen. Theodor Rohjans (* 22.9.1875) hatte bei der Firma Rosemeyer in Löningen die Herstellung von Betonwaren erlernt.
Im Jahre 1904 war Friesoythe von einem verheerenden Brand heimgesucht worden. Angefangen vom damaligen Stadttor bis an das Ende der Wasserstraße waren die Gebäude fast restlos niedergebrannt.
Beim Aufbau der Gebäude suchte man nach einer Hartbedachung, da man zu diesem Zeitpunkt in Friesoythe nur gedockte Hohlziegel-, sowie Reet-, Heide- und Strohdächer kannte. Da man bei Bränden um die erhöhte Ausdehnungsgefahr wusste, ließ man sich davon überzeugen, dass die Brandübertragungsgefahr bei Hartdächern ohne Strohdocken erheblich reduziert werden könnte.
Theodor Rohjans gelang es, fast alle Brandgeschädigten zu überzeugen und den einzelnen Bauherren Betonfalzziegel zu verkaufen.
Während der mit den Bauherren in Friesoythe geführten Verhandlungen stellte Theodor Rohjans fest, dass der von den Handwerkern für das Mauerwerk verwendete Mauersand in Körnung und Qualität besser war als der Loruper und auch für die Herstellung von Betonwaren besonders geeignet war. Er erkundigte sich nach der Herkunft des Mauersandes. Nach vorgenommenen Besichtigungen, Feststellung der Qualität und voraussichtlichen Quantität des Kiesvorkommens kauften die beiden Geschäftsinhaber Otto Rosemeyer und Theodor Rohjans 1906 das Grundstück in Altenoythe-Pirgo, um darauf ein neues Betonwerk zu errichten.

17.2

 

 
Die alte Halle aus dem Jahre 1906

Theodor Rohjans übersiedelte nach Altenoythe und übernahm die alleinige Geschäftsführung, während Otto Rosemeyer in Löningen blieb und dort den noch heute existierenden Landhandel führte.

17.3

 

 

 

 

 

 

Das Betonwerk im Jahre 1947. Im Vordergrund Theodor Rohjans und Sohn Hermann.

Da Altenoythe für den Absatz von Betonwaren geografisch wesentlich günstiger als Lorup lag und eine höhere Absatzmöglichkeit vorhanden war, wurde der Betrieb in Lorup verkauft und die Produktion in Altenoythe erheblich erweitert. Besonders die Ammerländer, die bis dahin noch keine Hartdächer kannten, waren begeisterte und kauffreudige Kunden. Die sich zu einer beachtlichen Größe entwickelte Fabrik wurde am 5. April 1906 ins Handelsregister eingetragen.

Theodor Rohjans ließ neben dem Fabrikationsgebäude ein Wohnhaus bauen und vermählte sich am 30.01.1908 mit Bernhardina Block (*15.04.1883, + 21.09.1964), Altenoythe, einer Tochter des Hermann Gerhard Block, Vorbesitzer des Grundstücks, auf dem das Unternehmen errichtet worden war. Hermann Gerhard Block war der Ehemann von Margaretha Block geb. Niemeyer. Daher der Beiname Neimers.
Margaretha Niemeyer wiederum war die Tochter des Johann Niemeyer.

 

17.4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf der Karte zur Markenteilung von 1823 ist Johann Niemeyer, der Großvater von Bernadine Rohjans geb. Block als Eigentümer verzeichnet.

Der Vater von Hermann Gerhard Block war Lubbert Block, gebürtig aus Ramsloh, verheiratet mit Elisabeth Willers aus Altenoythe

17.5

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Hof von Johann Niemeyer befand sich an der Riege (heute Block-Banemann, Karte zur Markenteilung von 1823).

Der Hof wird bereits 1606 im Einwohnerregister als Hof des „Gerth Nijmeyer mit Frau und drei Kindern“ erwähnt.
Theodor und Bernadine Rohjans hatten vier Kinder. Hermann (*27.02.1911, + 25.02.2004), Tobina (*30.12.1913, +28.11.1996), Margaretha (*24.06.1915, +14.02.1952) und Heinrich (*28.08.1920, + 22.03.1987).
Das Betonwerk erwies sich zu damaliger Zeit für etliche Familienväter als willkommene Verdienstmöglichkeit, da es nur wenige Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft gab. Einige Mitarbeiter kamen auch aus der Edewechter Gegend.

17.6                                                                                                                                                                                    Kiesgraben in den 20er Jahren

Theodor Rohjans konnte sich im Zuge der schwunghaften Entwicklung des Betriebes und eines sagenhaft glücklichen Einkaufsabschlusses, der auf der Zwistigkeit unter den Zementwerken beruhte, schon im Jahre 1913 einen PKW leisten und war damit der 1. Besitzer einer „Benzinkutsche” in Friesoythe und nächster Umgebung.

 

17.7

 

 

 

 

 

 

 

Theodor Rohjans und Hermann Dumstorff 1944

 

Neben der Herstellung von Betondachziegeln, Betonrohren und anderen Betonwaren nahm die Firma schon in diesen Jahren den Handel mit nordischen Hölzern auf.
Im Jahre 1914 wurden ca. 10 Arbeitskräfte beschäftigt. Die tägliche Produktion betrug über 2.500 Dachziegel. Dies bedeutet, dass eine Tagesproduktion für die Bedachung eines Wohnhauses ausreichte.
Im August 1914 begann der erste Weltkrieg. Theodor Rohjans und seine Arbeiter, welche größtenteils jüngere Leute waren, wurden alsbald zum Kriegsdienst eingezogen. Der Betrieb wurde im Jahre 1915 stillgelegt.

17.8

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auf dieser Fotopostkarte aus dem Jahr 1915 berichtet Theodor Rohjans seiner Nachbarin Elisabeth Timmermann, dass er ihren Mann Bernhard Timmermann in der Kaserne in Ülzen getroffen hatte und dass es ihm gut ging.

 

Gegen Ende 1918 kehrte Theodor Rohjans aus dem Krieg zurück und begann sofort mit der Wiederaufnahme der Produktion von Dachziegeln, Betonrohren usw. Der Betondachziegel setzte sich immer mehr durch. Leider begann in den Jahren 1922/23 die Geldentwertung, die zu einer vollständigen Inflation führte.
Erst nach Beendigung der Inflation im Jahre 1924 konnte wieder mit festen Werten gearbeitet werden. Die Wirtschaft erholte sich schnell. Theodor Rohjans war viele Jahre im Rat der Gemeinde Altenoythe tätig, wo er sich konsequent für die Belange von Hohefeld und Pirgo einsetzte. Für den Bau und die Erweiterung der Schule in Hohefeld stellte er jeweils kostenlos Kies und Baumaterialien zur Verfügung (siehe dazu auch die Schulchronik von Lehrer Böckmann, „Dit und Dat“ Nr. 22, Seite 27).
Mitte der 30er Jahre war er maßgeblich an der Erstellung des ersten Sport- und Fußballplatzes in den Bauertannen beteiligt, indem er kostenlos Loren, Gleise, Sand und Gerätschaften zur Planierung der Sanddünen bereitstellte.
Auch für die Befestigung des Weges vom Pirgo dorthin (jetzt Hohefelder Weg) stellte er wiederum Material und seine Gerätschaften kostenlos zur Verfügung.
Bei älteren Anwohnern ist für den Weg auch heute noch die Bezeichnung „Rohjans-Damm“ gebräuchlich.
In den Jahren 1930/32 folgte die sogenannte Weltwirtschaftskrise. Die Betondachziegel wurden zudem größtenteils vom Markt verdrängt, da inzwischen Tonhohl- und Doppelfalzziegel den Markt erobert hatten. Wegen der veränderten Situation wurde die Produktion auf ein Minimum reduziert.
Theodor Rohjans besann sich wieder der Vorkriegszeit und begann, den Handel mit Holz- und Baustoffen verstärkt aufzunehmen. Zunächst wurde wieder ein Holz- und Baustofflager eingerichtet.
In Altenoythe war wegen der geografisch ungünstigen Lage und schlechten Beförderungsmöglichkeiten nur ein Geschäft kleineren Umfangs möglich. Daher pachtete er ein Grundstück auf dem Bahnhofsgelände in Friesoythe und errichtete dort im Jahre 1935 einen größeren Holz- u. Baustofflagerschuppen.
1938 trat Hermann Rohjans, der älteste Sohn von Theodor Rohjans, in das Geschäft ein. Er war mehrere Jahre bei der Landessparkasse zu Oldenburg tätig gewesen und hatte sich als Volontär bei den renommierten Firmen J. W. Abeken, Osnabrück und Josef Hüttemann, Olsberg, Holzfachkenntnisse angeeignet.

 

17.9

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hermann Rohjans prüft den Betonkies auf seine Qulalität (um 1950).

 

Das Unternehmen entwickelte sich zusehends gut. Am 1. September 1939 begann der 2. Weltkrieg. Hermann Rohjans wurde am 26. August, einem Stellungsbefehl folgend, Soldat. Weitere junge Mitarbeiter wurden in den folgenden Monaten zum Militärdienst eingezogen.
Theodor Rohjans fühlte sich für die Weiterführung und die Alleinverantwortung zu alt und schloss kurzerhand das Geschäft.
Als die Alliierten im April 1945 Friesoythe besetzten, wurde die Firma stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Lagerschuppen, der mit wertvollen Materialien gefüllt war, wurde beim Durchmarsch der Kanadier in Brand gesetzt. Gebäude und Vorräte wurden restlos vernichtet. Ebenfalls wurden das Wohnhaus des Theodor Rohjans in Altenoythe, Pirgo (wobei sämtliche Dokumente, Bilder Fotos und eine wertvolle Münzsammlung vernichtet wurden) und das Wohnhaus des Hermann Rohjans in Altenoythe, Kirchhof ein Raub der Flammen.
Hermann Rohjans hatte das Glück, bereits Anfang Mai 1945 aus dem Krieg zurückzukehren. Jetzt hieß es, wieder von vorne anzufangen. Da in Friesoythe durch Kriegseinwirkung fast sämtliche Gebäude niedergebrannt waren, und auch die umliegenden Gemeinden stark gelitten hatten, bestand ein großer Bedarf an Dachziegeln. Man entsann sich der alten Dachziegel-Handformtische, die bis 1932 ihren Dienst getan hatten, holte sie aus den Lagerräumen hervor und machte sie wieder funktionsfähig.
Rohstoffe wurden im Kompensationsverfahren besorgt. Arbeitskräfte, darunter einige Flüchtlinge, wurden eingestellt, die gegen Geld und Naturalien Dachziegel produzierten. Der “Verkauf” der Dachziegel erfolgte größtenteils auf dem Kompensationswege. Kies für die Herstellung der Dachziegel entnahm man zum großen Teil den eigenen Vorkommen in Altenoythe, so dass hierfür kaum Naturalien erforderlich waren.

 

17.10

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1947. Die Mitarbeiter Paul Treichel (damals wohnhaft in Altenoythe Riege)und Otto Steffen, der im Seitentrakt des Fabrikgebäudes wohnte.

 

Der rückwärtige Teil des Betonwerks diente der Familie Theodor Rohjans, als das Wohnhaus abgebrannt war, aber auch August Höffmann, Bernd Göken, Bernd Willer und Heinrich Lücking als Quartier.
Der umständliche Tauschhandel dauerte bis zur Währungsreform am 21.06.1948.
Im Jahr 1947 heirateten Margaretha Rohjans und Heinrich Schnarheld.

 

17.11

 

Das Hochzeitsbild vor dem wiederaufgebauten Wohnhaus 1947
Im Jahre 1951 zog sich Theodor Rohjans aus der Firma zurück.
Im Jahre 1952 wurde ein Büro- und Verkaufsgebäude für Eisenwaren und Baubeschläge an der Ladestraße in Friesoythe eingerichtet. Im Jahre 1953 konnte die Firma auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken. Eine Jubiläumsfeier unterblieb auf Wunsch des inzwischen fast 80 Jahre alten Theodor Rohjans, der sich nicht mehr voller Gesundheit erfreuen konnte. Am 17.06.1954 verstarb Theodor Rohjans.
Das Wohnhaus und die angrenzenden Wiesen auf dem Pirgo erbte Heinrich Rohjans, der diese alsbald an die Firma Rosemeyer & Rohjans verkaufte. Am 08.06.1962 erwarb die Firma Rosemeyer & Rohjans den größten Teil des anliegenden Grundstücks von der Gemeinde Altenoythe (siehe Karte Bezeichnung „Wegerde“)
Der Mitinhaber Otto Rosemeyer war bereits im Jahre 1932 verstorben und hatte seine Ehefrau Berta geborene Thole als Erbin eingesetzt.
Die Erben der Witwe Rosemeyer, die gleichzeitig mit der Weiterführung der Firma Gebr. Rosemeyer als Erben betraut worden waren, verkauften 1964 ihre Anteile an die damaligen Mitinhaber Hermann und Heinrich Rohjans für 160.000 DM.
Am 19.12 1986 kaufte Theo Rohjans Grundstück und Gebäude.
Im hinteren Teil des Betonwerks und auf dem Dachoden wurde ein Fabrikmuseum zusammengestellt. 1999 errichtete Theo Rohjans an der Stelle des am 18.11. 1974 abgebrannten Wohnhauses nach eigenem Entwurf, eigenen Plänen undeigener Statik  ein neues Wohnhaus.

 

 

17.12                     17.13

 

 

 

                                                                          Kieskuhle-Pirgo-150x150

 

 

 

17.14

 

 

Bis ins Jahr 1987 wurde noch sporadisch Kies (feiner Fugsand) gebaggert. Bis 1988 wurden noch im Winter, wenn es witterungsbedingt in der Sägerei in Friesoythe keine Arbeit gab, Betonwaren hergestellt.
Theo Rohjans (aus Chronik Pirgo, 2014)

 

Bild (91)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto 2014 von Daniel Kemper von einem Hubschrauber aus gemacht.

Nachtrag:

Zum Ortsnamen Pirgo hab ich mir noch folgende  Gedanken gemacht:

Möglicherweise läßt  der Name Pirgo sich von Birke und Aue herleiten. Vielleicht ist aus Birkau im Laufe der Zeit

Pirgo geworden? Die Lahe, die hier fließt, wird auch Aue genannt. Der Ortsteil, der sich vor der Entstehung von Edewechterdamm anschloss war Birkendorf.

Und Birken hat es immer schon sehr viele auf dem Pirgo gegeben!